2. Mose 18,1 bis 20,26; Jesaja 6,1-7; 7,1-6; 9,5-6
Von Michael Schneider, Jerusalem
Kommentar:
Die Lesung Jitro ist eine der sechs Paraschot, die Personennamen tragen: Noah, (Chaje) Sara, Jitro, Korach, Balak und Pinhas. Unsere Parascha trägt den Namen eines Heiden, der noch dazu ein Priester Midians war. Allerdings war er auch Moses Schwiegervater.
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Mehr zum Thema Übertritt zum Judentum (hebr. Giur bzw. Gerim: zum Judentum übergetretene Konvertiten) am Beispiel des Nichtjuden „Jitro“ in dem diesem Artikel folgenden Kommentar. Übertritt zum Judentum – Konversion »
Dieser wichtige Thoraabschnitt, der die Grundlagen jüdischen Glaubens abhandelt, den Kern der Thora, die Gesetzgebung am Berg Sinai mit den Zehn Geboten, trägt den Namen eines Heiden!? Dies weist ein weiteres Mal – so Rabbiner – auf die Verbindlichkeit des Wortes Gottes für alle Völker hin.
Mose erzählt von aller Mühsal, lässt seine Rede enden, indem er dem HERRN Lob und Dank gibt. Lasst auch uns, wenn wir unsere Lebensstationen betrachten, immer mit Dank an Gott enden – egal wie hart sie waren! So kommt es, dass sogar der Heidenpriester Midians bekennen kann, dass „der HERR (Israels) größer ist als alle Götter!“ (18,11)
Jitro gibt nun Ratschläge, wie das Justizsystem zu verbessern sei. Der überlastete Richter (Mose) braucht Unterstützung. Die geringeren Sachen werden fortan durch redliche Leute aus dem Volk gerichtet, und Mose werden nur die schweren Sachen vorgelegt. Gott beruft oft zunächst Einzelne, doch wenn dann der Segen fließt, braucht es Hilfe. Ein Gottesmann sollte dann wie Mose so demütig sein, Kompetenzen abzugeben, wenn es auch schwer fällt.
„Und nun, wenn ihr willig auf Meine Stimme hören und meinen Bund halten werdet, dann sollt ihr aus allen Völkern Mein Eigentum sein; denn Mir gehört die ganze Erde. Und ihr sollt Mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein!“ (19,5-6)
Die Gesetzgebung im dritten Monat (Sivan) fällt laut jüdischer Zählung ins Jahr 2448 (das entspricht im gregorianischen Kalender dem Jahr 1312 vor unserer Zeitrechnung).
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Commentary by Rabbi Chaim Richman, The Temple Institute, Jerusalem:
„I am Hashem your G-d.“ (Exodus 20:2) This is the first commandment and it is essentially the last. G-d has woven His name throughout the entire Torah, and His presence throughout all of creation. To know His name and to believe in Him is the entirety of of all the commandments.
Die Zehn Gebote, der sogenannte Dekalog, werden auf zwei Steintafeln durch den „Finger Gottes“ eingebrannt. Fünf Gebote der rechten Tafel beinhalten Gebote zwischen dem Menschen und Gott; die linken fünf Gebote betreffen das Zwischenmenschliche. Diese Aufteilung ist vielleicht für manchen ungewohnt. Oft sagt man, es seien drei Gebote, die das Verhältnis Gott – Mensch, und sieben Gebote, die das Verhältnis Mensch – Mensch betreffen. Wieso nun aber fünf zu fünf? Laut jüdischer Auslegung sind das Vierte und Fünfte Gebot auf Gott bezogen, weil der Schabbat zum Beispiel als ewiger Bund zwischen Gott und Menschen verstanden wird und weil die Ehrung der Eltern auch mit Gott verbunden ist, weil Er daran die Verheißung eines langen Lebens geknüpft hat!
Die rechte Tafel umfasst demnach 146 Wörter, die linke nur 26 Wörter, obwohl beide Tafeln gleich groß sind. Die jüdischen Ausleger erklären dies so: Die linke Tafel, Gebote zwischen Mensch und Mensch, trägt Großbuchstaben. So wird hervorgehoben, dass es leicht geschehen kann, dass jemand zwar die Mitzwoth gegenüber Gott einhält, aber seinen Nächsten ignoriert – denn unser Verhältnis zum Nächsten wirkt sich auf unser Verhältnis zu Gott aus. Wenn zum Beispiel jemand untreu einem Menschen gegenüber ist, so ist er auch Gott gegenüber untreu!
Warum gerade Zehn Gebote? Der Talmud begründet es damit, dass Gott bei der Weltschöpfung zehn Aussagen tat. ‘Also wird durch Einhalten der Zehn Gebote die Schöpfung bewahrt!’ – denn wir müssen nicht nur Hörer des Wortes sein, sondern zuerst Täter des Wortes!
(wie das Volk Israel am Gottes Berg schwor: naasse we-nischma! Erst tun, dann horschen! 2. Mose 24,7)
Schabbat Schalom
Frage: Übertritt zum Judentum
In der Tora lassen sich keinerlei Festlegungen dazu finden, außer natürlich, dass (2.Mo. 12,48) „alles Männliche [unter dem mit aus Ägypten ausgezogenen ‚Mischvolk‘] beschnitten werde, dann aber soll EIN GESETZ gelten für den Einheimischen und für den Fremdling, der sich mitten unter euch aufhält.“
Der Nichtjude Jitro besiegelte seinen Übertritt zum Judentum, indem er ein Opfer darbrachte (2.Mo.18,12), die Nichtjüdin Ruth gab ihrer jüdischen Schwiegermutter gegenüber nur eine Erklärung ab: „Dein Volk ist mein Volk und Dein Gott ist mein Gott“ (Ruth 1:16). Praktizierte Bedingungen heute sind Beschneidung, Prüfung der aufrichtigen Absicht, Aufnahme durch drei Rechtsbefugte (in Israel befugte Rabbinatsrichter der Orthodoxie).
HaMakor.de verdeutlicht das Thema in seinen Gedanken zur Parascha Jitro (auch Jithro) so feinfühlig mitvollziehbar wie auch herzlich praktisch:
(18,8-9) „Mosche erzählte seinem Schwiegervater Alles, was G“tt an Pharao und Mizrajim in Veranlassung Israels getan hat[…] Jitro freute sich über all das Gute, welches G“tt Israel getan hat, dass Er es aus der Hand Mizrajims gerettet hat“. Raschi zitiert einen Midrasch, der das Wort „Wajichad“ nicht als Freude übersetzt, sondern, im Gegenteil, als Hautfalten. Dies bedeutet, dass Jitro Gänsehaut bekommen hat, weil er über den Untergang Ägyptens getrauert hat. Die Tora sagt uns an anderer Stelle, dass wir uns nicht einmal über den Fall unserer Feinde freuen dürfen, da diese auch Geschöpfe G“ttes sind. Aber bei Jitro ging es noch einen Schritt weiter. Nicht nur, dass Jitro sich nicht über den Fall Ägyptens gefreut hat, sondern er war auch noch traurig darüber. Weshalb hat er so einen Schmerz gespürt? Der Anaf Josef erklärt, dass Jitros Schmerz nicht allein mit dem Untergang Ägyptens verbunden war, sondern auch mit seinem Übertritt zum Judentum zutun hatte.
In einer Zeit, in der Nichtjuden die Welt regieren und das jüdische Volk verfolgt oder in den Augen der Weltöffentlichkeit abgewertet wird, ist es ein spezielles und großes Ereignis, wenn ein Nichtjude dennoch zum Judentum übertritt. Es verdient viel Anerkennung, da ein Proselyt ja eigentlich sein ganzes Leben hinter sich lässt und manchmal auch Familie und Freunde ihm den Rücken kehren. Er muss sein Leben
praktisch von Neuem beginnen. Aber nach dem Auszug aus Ägypten, als Jitro übergetreten ist, hatte doch das jüdische Volk die Oberhand. Jeder hat mit eigenen Augen sehen können, wie das jüdische Volk zu Größe aufgestiegen war. Spätestens als Mosche seinem Schwiegervater Jitro über die Wunder der Spaltung des Meeres und über den Sieg über Amalek erzählte, fühlte Jitro, dass sein Übertritt unter diesen Umständen gar keine so große Anerkennung verdient hatte. Dies trug zu seinem Schmerz bei. Die Lehre, die wir hieraus entnehmen können, ist, wie vorsichtig wir mit der Bewertung der Leistung anderer umgehen sollten. Auch nur den kleinsten Schritt in die richtige Richtung sollten wir anerkennen und schätzen. Das gilt natürlich auch für unsere eigene Leistung! (vgl. Der Gijur – der Übertritt zum Judentum)