(Übersetzungen aus dem Hebräischen von Rabbiner Samson Raphael Hirsch)
Das Wunder der Erlösung Israels aus der Sklaverei in Ägypten bis zum Tag der Offenbarung ihres Erlösers, des Erlösers der ganzen Welt, wird in Israel nach bald 4000 Jahren natürlich noch heute jährlich durch die Wallfahrtsfeste Pessach und Schawuot (dem Atzeret Pessach) in der Erinnerung lebendig erhalten, und die dazwischen liegenden Tage und gleichzeitig die Wochen werden gezählt. Diese Zählung ab dem Auszug aus Ägypten mit dem Ziel des 50. Tages ist auch eines der Ewigen Gebote Gottes!
Die Wallfahrten selbst dienen ebenfalls der Erinnerung an die Erste aller Wallfahrten, den Weg Israels von Ramses hin zu Gott, dabei durch das Schilfmeer, bis zum Berg Sinai. Ihr nächstes Ziel war im gelobten Land, dem Bleiben bei Gott, versinnbildlicht durch die dritte Wallfahrt zum Fest der Hütten und zum Schmini Atzeret (Achter [Tag] der Versammlung). Heute gehören zu den Wallfahrten Flugzeuge, Eisenbahnen, Autos etc. An Esel, Rinder und Kamele denkt wohl dabei keiner mehr und noch weniger an viele Schaf- und Ziegenherden, die auch mitzogen.
Nur derjenige, der damit bewusst lebt, kann natürlich auch das Countdown zählen, wie viele Tage ihm noch bleiben bis zum Ziel, dem Tag nach den vollen sieben Wochen. Nachdem heute (lt. obigem Datum) sechs Wochen und drei Tage voll waren, ist der 50. Tag heute in fünf Tagen. Das war damals noch nicht möglich, denn das ersehnte Ereignis, das Moses persönlich zum Zeichen gegeben worden war am brennenden Busch, lag für sie noch in der Zukunft, wenn auch fast greifbar nahe. Von der Zahl 50 wussten sie noch nichts.
Im Hawdala-Kalender 5771 habe ich mit dem Thematischen Teil den Blick auf die historisch einmalige Bedeutung dieses Zieles gelenkt mit dem Titel:
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„Das Einzig Ewige Gesetz, das Geheimnis der Erlösung,
und die unteilbaren Grenzen des Friedens“
und dabei eine Hawdala, die Unterscheidung zwischen Hören und Sehen, zum Leitfaden gemacht.
Dass das erste Ziel des Auszuges aus Ägypten zunächst die Offenbarung ihres Erlösers am Berg Sinai ist, weiß eigentlich jeder in Israel heute noch, natürlich wesentlich durch die dafür von Gott gebotenen Institutionen im Kalender Israels zur Erhaltung des lebendigen Gedächtnisses, ebenso die Tatsache, dass ihr Erlöser, der Schöpfer des Himmels und der Erde, Ein- und Derselbe ist.
Auf dem Weg zu diesem Ziel waren mit Israel auch eine Menge anderer Leute gezogen, die sich nach den Wundern, mit denen der Gott Israels Sein Volk von Ägypten geschieden hat, ihnen einfach angeschlossen haben. Würden Sie da heute lieber auch dabei sein?
Diese große Zahl von Menschen standen vor dem Berg Gottes, und Er offenbarte sich ihnen allen durch die Zehn Worte, wie es in Israel genannt wird, für alle gut hörbar, während Moses vorher auf den Berg in die Nähe Gottes gerufen worden war. Das war der 50. Tag. Diese 10 Worte, die wir heute gern die Zehn Gebote Gottes nennen, gab Gott Moses schriftlich in die Hand, auf zwei Tafeln aus Stein, vom Schöpfer des Himmels und der Erde persönlich eingraviert.
Ob die vielen Menschen, die die Worte des Schöpfers und Erlösers hören konnten, dabei erkannten, warum das von ihnen Gehörte auf zwei Tafeln geschrieben wurde, und nicht nur auf eine oder auf zehn Tafeln, können wir wohl nicht behaupten. Wir können uns aber vorstellen, dass es für Moses in seinen Händen sichtbar war.
Im o. a. Thema zum Hawdala – Kalender 5771 (PDF) habe ich meinen Lesern etwas zugemutet, indem ich zu diesem Punkt Fragen in den Raum gestellt habe, ohne das Finden der Antworten zu erleichtern. Ich zitierte jedoch den Autor Yizhak Ahren (hier sein aktuellster Artikel zum Thema Schabbat- und Joweljahr), der den Zugang dazu aus unterschiedlichen Meinungen gegenüberstellte und es bemerkenswert findet, dass auffällig dieser Punkt in den Fünf Büchern der Torah nicht erwähnt und auch sonst im Tenach nicht thematisiert wird.
Ich war selbst überzeugt, dass es wichtig ist, diesen Fragen nachzugehen, schloss dagegen die Möglichkeit ein, dass HaSchem, der es ja Moses sichtbar in die Hand gegeben hat, ihm geboten haben könnte, dieses Geheimnis nicht preiszugeben. Unsere Zeit ist direkt geprägt davon, dass Dinge, die der Menschheit bisher verborgen waren, in wundersamem Umfang offenbar werden.
Mit meinem Gedicht „Lot und Waage“ habe ich keinen Zweifel an meiner Sicht gelassen, dass die Schnittstelle zwischen beiden Tafeln zwischen dem vierten und dem Fünften Gebot zu suchen ist, und habe damit unterdessen wiederum neue Erfahrungen gemacht und möchte diese gern vor dem gerade wieder bevorstehenden 50. Tag am Berg Sinai auch anderen zu bedenken geben. Die Eltern auf die Erste Tafel zu verlagern schließt in Israel die Lehrer mit ein und ist eine Gefahr des Kultes.
Am Anfang wurde das Schöpfungswerk von seinem Schöpfer so geschaffen, dass alles gut und sehr gut, und dann mit dem Sabbat auch gesegnet und geheiligt war.
Der Anfang aller Probleme war später der Sündenfall. Die Opfer der Folgen davon waren nicht nur die schuldig gewordenen Menschen, sondern die gesamte Erde. Dem Sündenfall folgte ein um sich greifender und bis heute immer schlimmer wütender Schadensfall. Erdbeben haben gerade im letzten Fall am Mount Everest die Rekordzahl von 8000 Toten überschritten. Niemand fragt, ob sie durch unterirdische Tests von Atombomben ausgelöst wurden. Die Intelligenz der Menschen hat bereits die Fähigkeit erreicht, innerhalb einer Minute den gesamten Erdball zu schmelzen. Jefe Nof (Schöne Aussicht)?
Wäre es nicht intelligenter gewesen, wenn der erste Mensch den Sündenfall verhindert hätte? Das hat er sich gewiss immer wieder vorzustellen versucht, aber da gab es kein Zurück mehr. Oder doch? Die Hoffnung war den Menschen durch ihre Kinder verheißen. Verschlossen wurde jedoch der Weg zurück zum Baum des Lebens. Den durfte der Mensch nicht mehr erreichen, nachdem er von dem einzigen verbotenen Baum, dem der Erkenntnis des Guten und Bösen, gegessen hatte.
Alles, was Gott vom Anfang an geschaffen hatte, beruhte auf dem Prinzip der Unterscheidung, der Hawdala (klick Übersicht aller „Hawdala zwischen…„-Artikel). Dadurch bekam der Mensch auch die Fähigkeit, sich zu entscheiden und zu verantworten. Das wurde mit dem Sündenfall durch die Schlange ersetzt durch den Glauben. Adam wurde der erste Gläubige, indem er der Lüge geglaubt und diese ausprobiert hat. Der Glaube hat am Ende zu Weltkriegen geführt bis zum Glaubenswahnsinn der Nazis für den totalen Glaubens-Krieg (siehe am Ende von „Jüdisches oder Christliches Kreuz„).
Das Problem auf der ganzen Welt seit dem Sündenfall ist die Kriminalität. Gestern gelang es gerade der Israelischen Polizei, einen ganzen Ring von Rauschgift-Schmugglern zu verhaften. Was war die allererste Form der Kriminalität? War Adam ein Krimineller geworden? Kain wurde zum Mörder. Das Verbrechen beging er an seinem Bruder. Zu welchem Verbrechen ließ sich denn Adam zuerst anstiften? Zum Verbrechen gegen seinen Schöpfer, gegen Gott, gegen Gottes Wort, gegen Gottes Gebot, gegen Gottes Gesetz!
Die erste Form aller Kriminalität auf dieser Erde war also die Theologische Kriminalität, aus der alle anderen Formen von Kriminalität hervorgegangen sind, auch Kains Brudermord, ein Glaubens-Verbrechen an dem vor Gott gerechten Abel, der das getan hat, was Gottes Willen entsprach. Für Kain war Abel also zu ungläubig, weil er nicht, wie Kain, der Schlange glaubte. Abel hatte aus dem Schicksal seiner Eltern gelernt zu unterscheiden und sich für den Gott des Lichtes und der Wahrheit entschieden.
Seitdem läuft die Weltgeschichte, der vom Schöpfer aller Dinge ihr Ziel bestimmt ist. ER greift aber auch selbst in den Ablauf ein, um dieses Ziel näher zu bringen. Dabei gibt es hervorragende Etappen. Denken wir an die Sintflut. Das war eindeutig ein Gericht des Schöpfers, aber auch ein Neuanfang auf dem Weg zum Ziel der Weltgeschichte, und hat sogar im Islam extra einen Feiertag. Dann kam der Turm von Babel. Unter den Nachkommen des Noach, den der Schöpfer mit seiner Familie durch die Flut hindurch gerettet hat, bekam die Schlange erneut Einfluss, und es entstand eine neue Politik gegen den Schöpfer. Die Schlange spielte wiederum die Rolle des Erlösers vom Schöpfer und dessen Gebot und brachte ihre Opfer immer weiter ab vom Baum des Lebens.
Der Schöpfer machte dem gegenüber einen weiteren Neuanfang mit einem neuen Schöpfungswerk, indem der die Verheißung für Adam in Erfüllung gehen ließ mit einem Nachkommen, der es mit der Schlange aufnehmen kann. Noachs Sohn Schem hatte den Enkel Eber, von dem Abraham abstammte und auch dessen Frau Sarah. Mit ihnen begann der Ewige Sein 8. Schöpfungswerk, das Volk der Hebräer. Das beruhte von Anfang an nur auf dem System der Hawdala. Für Jizchak sorgte Abraham und für Jaakov seine Mutter Rivka und sein Vater, dass beide ihre Frau aus dem Hause des Eber bekamen. Esau verstand das nicht und schied als Träger des Segens aus.
Der Mann, der die Fähigkeiten erreichte, die Adam gefehlt hatten, bekam den Namen Israel. Das sollte der Name des Volkes Gottes inmitten dieser Schöpfung und der Weg zur Erlösung der Welt sein, wobei der Schöpfer als der Erlöser sichtbar und die Schlange in ihrer List mit der Erlöserrolle durchschaubar wird. Ein Etappenziel bei der Erschaffung des Volkes Gottes ist die Öffnung des Zuganges zum Baum des Lebens bei der Begegnung Israels mit dem Ewigen Erlöser am Berg Sinai.
Damit sind wir wieder bei unserem eigentlichen Thema angelangt, der heiligsten, unantastbarsten Schnittstelle auf Erden, an der sich immer wieder alles entscheidet, zuerst in Moses Hände gelegt. Wo war jedoch die Schnittstelle geblieben, als Moses angesichts des goldenen Kalbes und des Unwesens innerhalb des Volkes die beiden Tafeln am Fuße des Berges zerschmettert hatte? Wo blieb der Baum des Lebens? Die Menschen am Berg Sinai hatten doch des Erlösers Stimme gehört?
Die Leviten waren allein bereit, das einzig Richtige zu tun. Sie sahen die Sache Gottes und nahmen das Schwert in die Hand. Übernahmen sie den Dienst der Cherubim, den Zugang zum Lebensbaum zu bewahren? Dann begann das Werk, das Moses auf dem Berg gezeigt worden war, der Raum für die beiden Tafeln, des Allerheiligsten auf Erden, das Heiligtum. Dann bekam Moses den Auftrag, zwei neue Tafeln aus Stein zu hauen, und zu Gott auf den Berg zu bringen. Die zehn Worte wurden vom Finger Gottes erneut eingraviert und Moses gegeben. Er sah erneut auch die Schnittstelle.
Mit meinem Gedicht „Lot und Waage (PDF)“ hatte ich den beiden Bundestafeln richtungsweisende Namen gegeben: Die Beziehung zwischen dem Schöpfer und seiner Schöpfung ist die erste Tafel, in unserem Leben das Lot. Die Beziehung der Geschöpfe untereinander, begründet in ihrem gemeinsamen Schöpfer, ist die Waage, die zweite Tafel. Wir können auch zusammenfassen: Die Gottesliebe und die Nächstenliebe. Das ist der Maßstab des Schöpfers und Erlösers für alle Dinge.
Das ist auch die Zusammenfassung aller 613 Gebote des Schöpfers und Erlösers in der Torah, das ist die Torah. Im 19. Kapitel des 3. Buches Moses, dem Beginn der Paraschat Kedoschim, lesen wir, wie Gott durch Moses an Sein Volk Israel gerichtet spricht im Vers 2: „Heilig sollt ihr sein, denn heilig bin ich, Gott, euer Gott.“ Der Vers 3 lautet: „Ehrfürchtet jeder seine Mutter und seinen Vater und meine Sabbate hütet; Ich, Gott, euer Gott.“ Wer denkt daran, die Schnittstelle zwischen beiden Tafeln in diesem einen Vers zu sehen?
Vers 4: „Wendet euch nicht zu den verneinenden Göttern, und Gottheiten aus Guß macht euch nicht; Ich, Gott, euer Gott“. Die Schlange, die die Erlöserrolle spielt, will die Geschöpfe von ihrem Schöpfer erlösen und damit an dessen Stelle treten. Hier geht es um das zweite Gebot, 2. Moses 20, 4 bis 6, in dem das Geheimnis der Erlösung innerhalb Gottes Gesetz sichtbar wird. Das ist im katholischen und im evangelischen Katechismus ganz abgeschafft (klick: Zehn Gebote im Vergleich). Sie haben einen anderen Erlöser und damit einen anderen Gott, aber auch einen anderen Maschiach (Messias – Gesalbten)! Die Schlange verhindert zu unterscheiden und verlangt nur zu glauben und zu wissen.
Verse 9 und 10 in Paraschat Kedoschim betreffen selbstverständliche Ernte-Arbeiten. Dazu gehören Anweisungen, übrig zu lassen für den Armen und den Fremden um Gottes Willen, „Ich, Gott, euer Gott.“ Die Gebote oder Verbote zu unserem Verhalten gegenüber unserem Nächsten in den folgenden Versen bis zur Zusammenfassung im Vers 18 („… und liebe deines Nächsten Wohl wie deines, Ich Gott“. In Übersetzung Wohlgemut: „… Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der Ewige“), werden immer wieder damit begründet, dass wir bei allem unserem Tun vor unserem Schöpfer und Erlöser verantwortlich sind, um Seinetwillen handeln sollen.
In meinem Beitrag „Jüdisches oder christliches Kreuz“ hatte ich darauf hingewiesen, dass der Baum des Lebens, dessen Zugang die Cherubim vor der Sünde bewahren sollen, im Heiligtum Israels sichtbar gemacht wurde in einem Lichterbaum aus reinem Gold. Aus dem Stamm in der Mitte gehen seitlich die sechs Äste hervor, die alle sich nach oben mit dem Stamm darin vereinen, in derselben Höhe Träger des Lichtes zu sein. Das sind die beiden Tafeln in Moses Hand. Sie erheben alle Menschen zur gleichen Aufgabe, Gott allein zu dienen, also heilig zu sein, denn ER ist heilig!
Was soll da eigentlich noch die Frage nach der Schnittstelle? Damit sind wir wieder beim Sündenfall! Die Schlange belügt nicht nur den Menschen, dass er entgegen Gottes Warnung nicht zu sterben braucht, macht damit also Gott nicht nur zum Lügner, sondern sie verschiebt die Schnittstelle im Baum des Lebens, indem sie den Menschen an die Stelle Gottes befördert, die Position des Schöpfers dem Geschöpf zur Disposition stellt. Damit fällt alles zusammen und in den Tod. Übrig bleibt Gott allein, denn ER ist und bleibt heilig, auch wo der Mensch sein Lichtkleid verloren hat.
Als Moses nach den zweiten 40 Tagen auf dem Berge bei Gott zum Volk kam, war das Lichtkleid, das Adam und Eva verloren hatten, bei ihm wieder sichtbar. Das waren die Menschen nicht gewöhnt, und fürchteten sich (2. M. 34, 29 – 35). Die zwei Bundes-Tafeln in Moses Hand bekamen ihren Platz in der Bundeslade unter dem Deckel mit den beiden Cherubim, die ihr Gesicht einander zuwenden, eines weiblich, eines männlich. Beide Eltern haben auch eine hohe bewahrende und schützende Verantwortung. Dass alle sodomitisch – christlich – standesamtlichen Sittlichkeits-Verbrechen dabei als Gräul ausgeschlossen sind, ist eindeutig und wäre schlimmer als Ehebruch.
Die solches tun beten die Schlange als ihren Erlöser an und haben nicht nur das Ebenbild Gottes bis zur Unsittlichkeit entstellt sondern auch den Begriff der Sünde unkenntlich gemacht durch erfundene Lehren der Erbsünde durch die Rolle der Frau etc., und das Ewige Gesetz Gottes, das Geheimnis vom Baum des Lebens, haben sie zum überholten Schattengesetz degradiert und zum Feindbild gemacht, um die Schlange heilig sprechen zu können.
Lassen Sie mich bitte noch zum Abschluss daran erinnern, dass durch falschen Eifer und Anmaßung zwei Brüder, die Söhne Aharons waren, im Heiligtum den Tod fanden. Sie hatten die Schnittstelle verschoben. Bei zwei anderen Brüdern war später auch der Tod der Grund, dass sie nicht in das Heilige Land kommen konnten. Sie hatten die Schnittstelle aus den Augen verloren, als das Volk sie in Zorn gebracht hatte. „Werden !wir! euch Wasser aus dem Felsen hervorbringen?“ Das konnte nur der Ewige! Es waren der Vater der beiden toten Priester und sein jüngerer Bruder.
Das Wort heilig bedeutet gleichzeitig unantastbar. In der Welt werden Mächtige oft unerträglich heilig.
Chag Schawuoth Sameach, fröhliches Wochenfest!