Tora: 3. Moses 9,1 – 11,47 || Propheten: 1. Samuel 20,18-42
Kommentar von Eric Martienssen
Unser Chasan rief mir beim Kiddusch des letzten Schabbats hinter dem Rücken eines zwischen uns sitzenden Freundes zu: „Sag’ ihm, er spielt mit dem Feuer!“
Gemeint war mein mir gegenüber sitzender Gesprächspartner (der dies mithören konnte und sollte). Dieser war begeistert von der Idee, zum Judentum überzutreten. ’Huch, Übertritt zum Judentum /- als Lebensform – ist gleich = Spiel mit dem Feuer’ hatte der sich wahrscheinlich gedacht. Dabei musste der richtige Rückschluss im Judentum – im völligen Gegensatz zum nichtjüdisch sozialisierten oder konditionierten Denken – der sein, jetzt schon den Schabbat der nächsten Woche zu „beobachten“. Das „Beobachten“ und das entsprechende „Tun“ sind zwei absolute Prioritäten der Tora. Das war es, was ich meinem Gegenüber, zweifellos jedoch mit eben dieser jiddisch-parallelen Spitzfindigkeit pointiert, mitteilen sollte. Tatsache ist, dass der kommende Schabbat „Schmini“ am achten (Tag) heißt und er jedem Juden – stellvertretend für alle Nationen (die diese Botschaft jedoch erst später verstehen werden, sagen unsere Propheten, aber immerhin, sie werden!) – tatsächlich mit äußerster Dringlichkeit zurufen will: Achtung, Feuer!
Was passiert ist, dass wir nach Pessach, dessen letzten Tag wir im Galut am letzten Schabbat feierten, geistlich schon in Richtung des Berges ziehen, von dem wir alle 613 Gebote herunter gegeben bekommen sollen. Und ausgerechnet die Söhne des ersten Kohen haGadol der Menschheitsgeschichte, die Söhne Aarons (auch: Aharon), des Bruder Moses, die sind es, die total begeistert sind von ihrem Amt am (mobilen) Tempel, der Stiftshütte. Und über ihre Begeisterung hinaus lieben sie Gott so sehr, dass sie Ihm ein Opfer bringen wollen, das noch viel schöner ist, noch viel demütiger und noch viel inbrünstiger als alle anderen Opfer, die Gott befohlen und genau beschrieben hat, wie sie Ihm darzubringen seien. Hören wir mal rein in das Drama:
„Und am achten Tage rief Moses Aaron und seine Söhne und die Ältesten in Israel und sprach zu Aaron: Nimm dir einen jungen Stier zum Sündopfer und einen Widder zum Brandopfer, beide ohne Fehler, und bringe sie vor den Ewigen. Und rede mit den Israeliten und sprich: Nehmt einen Ziegenbock zum Sündopfer und ein Kalb und ein Schaf, beide ein Jahr alt und ohne Fehler, zum Brandopfer und einen Stier und einen Widder zum Heilsopfer, dass wir sie vor dem Ewigen opfern, und ein Speisopfer, mit Öl vermengt. Denn heute wird euch der Ewige erscheinen.“
So geht das in einer Tour, Opfer um Opfer, eine Ausführungsbestimmung nach der anderen, weiter, das ganze Kapitel 9 hindurch. Doch – immerhin – dann erschien der Ewige auch. Vers 22:
„Und Moses und Aaron gingen hinein in das Zelt der Begegnung. Und als sie herauskamen, segneten sie das Volk. Da erschien die Herrlichkeit des Ewigen dem ganzen Volk. Und Feuer ging vom Ewigen aus und verzehrte auf dem Altar das Brandopfer und die Fettstücke.“
Im völligen Gegensatz zum Anfang von Kapitel 10, wo …
„Nadab und Abihu sich jeder sein Feuerbecken nahm und taten Feuer hinein und legten Räucherwerk darauf und brachten fremdes Feuer vor dem Ewigen dar, das Er ihnen nicht geboten hatte. Da ging Feuer vom Ewigen aus und verzehrte sie. Und sie starben vor dem Ewigen.“
Ist da nicht ein vorsichtiger Ruf in Richtung derjenigen angezeigt, die „Feuer und Flamme“ für den Giur, die Konversion zum Judentum sind: Achtung, Feuer? Denn ist man erst einmal im Judentum drin, hat vielleicht auch schon einmal etwas von der Heiligkeit des Einzig Einen, Seiner Gegenwart (ihrer Gegenwart, der Braut – Schechina) im Schabbat oder in Gesprächen verspürt, dann ist es zu spät, s. 2.M.12,48 „Wenn sich aber ein Fremdling bei dir aufhält und dem Ewigen das Passach feiern will, so soll bei ihm alles Männliche beschnitten werden, und dann komme er herbei, um es zu feiern; und er soll wie ein Einheimischer des Landes gelten. Es darf jedoch kein Unbeschnittener davon essen. Ein Gesetz soll gelten für den Einheimischen und für den Fremdling, der sich mitten unter euch aufhält“, und s. 4.M.15,14 „Und wenn ein Fremder bei euch wohnt oder wer in eurer Mitte ist bei euren künftigen Generationen, und er opfert dem Ewigen ein Feueropfer von wohlgefälligem Geruch, dann soll er es ebenso tun, wie ihr es tut. In der Versammlung soll ein und dieselbe Ordnung gelten für euch und für den Fremden, der bei euch wohnt, eine ewige Ordnung für eure Generationen; wie ihr, so soll der Fremde sein vor dem Ewigen. Ein und dasselbe Gesetz und ein und dasselbe Recht soll für euch gelten und für den Fremden, der bei euch wohnt“.
Dadurch, dass der Pontifex den Tempel in Jerusalem plünderte und zerstörte, um sich von der Beute das Kolosseum zu finanzieren – durch welches auch Papst Franziskus zur Schaustellung seiner alles zerstörenden Weltmacht noch am Karfreitag letzter Woche pilgerte
…vgl. Foto Tafel 1 Ausstellung ▼ “Im Licht der Menora” (bis 10. Mai 2015 im Jüdischen Museum Ffm):
gibt es keinen Tempel mehr, darin das Judentum mit allen geforderten Opfern „zum Wohlgeruch des Ewigen“ zelebriert werden könnte. Deshalb wird seit dem Rabbinischen Judentum, heute im Orthodoxen Judentum um so inniger und herzlicher, einfach vom Ganzen Sein (Identitätsfrage!) und allen Gefühlen her geistlich geopfert durch Opfer (Korbanot) im Gebet, BeAchtung der Gebote und das Torastudium.
Liberale gehen, zugegeben, seit der Reformbewegung im ausgehenden 18. Jahrhundert andere Wege als die der Tora, mit entsprechend assimilierenden Ergebnissen, die wiederum zur Aufgabe der wichtigsten Fähigkeit führten, die die Tora überhaupt schärfen wollte. Und diese Fähigkeits-Bildung steht nicht nur quasi im Zentrum unseres Wochenabschnitts, sondern wenn man so will sogar in der Mitte der gesamten Tora, auf dem Gipfel des Berges aller Erkenntnisse und aller Entscheidungen
- (auf der einen Seite die Wüste, woher alle kamen, auf der anderen Seite das Verheißene Land, wohin alle wollten – aber wer wollte wirklich?)
auf dem der Ewige, dein Gott, euch eine ewige Ordnung für eure Generationen lehrte, (10,10) „damit ihr unterscheidet zwischen dem Heiligen und dem Unheiligen und zwischen dem Reinen und dem Unreinen und damit ihr die Söhne Israel all die Ordnungen, die der Ewige durch Moses zu euch geredet hat, lehrt!“
…gerade heute, also mehr als vor 80 Jahren noch (weil heute alles offen und für jedermann ersichtlich) ist von Juden in Deutschland eine klare Unterscheidung (Hawdala) zwischen Wahrheit und Lüge in Verantwortung für die ganze Welt zu treffen! Und auch in exakt diesem biblischen Ausmaß, mit absoluter Dringlichkeit und „frei“ von jedweder political correctness! Jetzt, da das zur Wiedervereinigung Deutschlands von der NATO gegebene Versprechen gegenüber Russen (NATO-Generalsekretär Wörner 1990: „schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien“) mit gottlosen Lügen Merkels und Obamas hintertrieben wurde und Putin und dem stets immer wieder von Deutschland – niemals in der Weltgeschichte umgekehrt – angegriffenen Russland die Ukraine-Verbrechen angedichtet werden, die Luther-Deutschland als skrupelloser Scherge von Luther-USA selber verbrochen hat (Vorwand-Strategie der beiden Weltkriege – von wem waren die doch noch gleich ausgegangen?)
Wo ist der unter euch, der überhaupt unterscheiden können will, scheint der Prophetenabschnitt am Ende der normalen Schmini-Haftara (wäre an diesem Schabbat kein „Rosch Chodesch“, würde 2. Samuel 6,1 – 7,17 als Prophetenabschnitt gelesen) zu fragen. Denn: „Der wird meinem Namen ein Haus bauen. Und ich werde den Thron seines Königtums festigen für ewig. Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen. Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen, wie ich sie von Saul habe weichen lassen, den Ich vor dir weggetan habe. Dein Haus aber und dein Königtum sollen vor dir Bestand haben für ewig, dein Thron soll fest stehen für ewig. Nach all diesen Worten und nach dieser ganzen Vision, so redete Nathan zu David“.
לשנה הבאה בירושלים – Next Year In Jerusalem,
Schabbat Schalom