Von Israel Yaoz | weitere Artikel dieses Autors auf GSI s. Christlich – Jüdische Annäherungen
Als Überlebender der Shoa werde ich, da ich regelmäßig Gruppen aus deutschsprachigen Ländern durch Israel führe, sehr oft gefragt, ob ich den Reisenden, kommend aus einem Tätervolk, vergeben könne.
Was sagt nun die Bibel zu diesem Thema; Vergebung und Vergeltung?
In 2.Chron.25,1-4 heißt es:
„Amazja war 25 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte 29 Jahre lang in Jerusalem. Und der Name seiner Mutter war Joaddan, von Jerusalem. Und er tat, was recht war in den Augen des Herrn, doch nicht von ganzem Herzen.
Als ihm nun die Königsherrschaft gesichert war, tötete er seine Knechte, die seinen königlichen Vater erschlagen hatten.
Aber ihre Söhne tötete er nicht, sondern er handelte, wie es geschrieben steht im Buch des Gesetzes Moses (5. Mose 24,16), wo der Herr geboten hatte und sprach: »Die Väter sollen nicht um der Söhne willen sterben und die Söhne nicht um der Väter willen, sondern jeder soll um seiner eigenen Sünde willen sterben!“
Gerade der Prophet Hesekiel bezieht in Kapitel 18 eindeutig und ausführlich Stellung hierzu:
Hesekiel 18,4
„Siehe, alle Seelen gehören mir! Wie die Seele des Vaters mir gehört, so gehört mir auch die Seele des Sohnes. Die Seele, die sündigt, soll sterben!“
Hesekiel 18,19-20
„Ihr aber sagt: Warum soll der Sohn die Missetat des Vaters nicht mittragen? Weil der Sohn Recht und Gerechtigkeit geübt hat; er hat alle meine Satzungen bewahrt und befolgt; er soll gewisslich leben! Die Seele, welche sündigt, die soll sterben! Der Sohn soll nicht die Missetat des Vaters mittragen, und der Vater soll nicht die Missetat des Sohnes mittragen. Auf dem Gerechten sei seine Gerechtigkeit, und auf dem Gottlosen sei seine Gottlosigkeit!“
Was bedeutet es nun, wenn die Bibel sagt, dass Gott die Sünden der Väter bis zur dritten und vierten Generation an denen heimsucht, die ihn hassen (vgl. 2. Mose 20,5) oder 4. Mose 14,18:
„Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Gnade; er vergibt Schuld und Übertretungen, obgleich er keineswegs ungestraft lässt, sondern die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern, bis in das dritte und vierte Glied.“
Hier verkündet Gott nicht, dass er Kinder um der Sünden ihrer Väter willen über Generationen hinweg schlägt oder bestraft, auch nicht heimsucht im klassisch gewordenen Sinne. Das hebräische Wort „Pakad“ oder „Pakod“, das mit dem Wort „heimsuchen“ übersetzt wird, bedeutet „prüfend nachschauen“.
Moses Maimonides, (12 JH), jüdischer Philosoph, Rechtsgelehrter und Arzt, bedeutender Gelehrter des Mittelalters und einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten aller Zeiten, sagt dazu: “Gott bestraft nicht sofort, sondern gibt den Nachkommen die Möglichkeit zur Umkehr, bis ins dritte und vierte Geschlecht; und wenn sie bis dahin so weitermachen, kommt die göttliche Strafe. (z.B. Jeremia 25,12)
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Im Talmud heißt es:
Gott straft nur, „wenn die Kinder und Kindeskinder es nicht bereuen.“
In Hesekiel 18 kommt 6x wörtlich das Wort →UMKEHR vor. In Vers 32 heißt es weiter:
„Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht der Herr, HERR.
So kehrt um, damit ihr lebt!“ (Hes. 18,32)
Gott vergibt denen, die in Reue die Abkehr von den Sünden und die Hinwendung zu Gott mit einem gottesfürchtigen und gerechten Lebenswandel vollziehen.
Wenn die Nachkommen das Gebot Gottes halten und sich von den Sünden der Väter distanzieren, dann wird der Fluch bis ins 3. und 4. Glied gebrochen und unterbunden.
Es gibt viele Beispiele, wo Nachkommen großer Verbrecher ein von Gott gesegnetes Leben geführt haben. Schma’jah und Avtaljon, deren Ahnen sich zum Judentum bekehrt hatten, sollen Nachkommen gewesen sein von Sanherib (Talmud Gittin 57 -2). Beide waren die wichtigsten Gelehrten ihrer Zeit, wobei Sanherib (705 v.d.Z. – 680 v.d.Z. ) der →EICHMANN seiner Zeit gewesen war.
Martin Bormann (geb. 14. April 1930 als Adolf Martin Bormann) ist ein deutscher Theologe und der älteste Sohn von Adolf Hitlers Sekretär Martin Bormann. Martin Bormann jun. arbeitete als Lehrer für Religion, Philosophie und Theologie. Er hat mehrmals Israel besucht. 1987 traf er den israelischen Psychologen Dan Bar-On von der Ben-Gurion-Universität, der Sohn eines Holocaust-Überlebenden war. Er wurde Mitglied von →Bar-Ons Gesprächskreis TRT (To Reflect and Trust) zwischen Täter- und Opferkindern und traf sich in Israel mit Überlebenden des Holocaust. Außerdem sprach er in Schulklassen in Deutschland und Österreich über seine Biografie.
Hesekiel 18; 19:
„Ihr aber sagt: Warum soll der Sohn die Missetat des Vaters nicht mittragen? Weil der Sohn Recht und Gerechtigkeit geübt hat; er hat alle meine Satzungen bewahrt und befolgt; er soll gewißlich leben.“
In Genesis 21, Vers 1, wird auch das Wort „Pakad“ benutzt; in meiner Züricher-Zwingli Bibel wird übersetzt: Der Herr aber nahm sich Saras an…
Also vollkommen im positiven Sinne.
BS“D
Schalom, lieber Israel Yaoz!
Der Israelische Reiseleiter wird gefragt, ob er den Reisenden, kommend aus einem Tätervolk, vergeben könne. Er ist selbst ein Überlebender der Shoa.
Der Reiseleiter ist nicht nur Israeli, er ist zuerst Jehudi. Er bezieht die Frage nicht nur auf sich gerichtet, sieht sich aber auch nicht als einen Vertreter der Millionen Ermordeten an, unter denen er zu dem kleinen Überrest der Geretteten gehört.
Er schaut auf den, dem bei dem größten Pogrom der Weltgeschichte eigentlich der Hass der Mörder galt, wie bei allen Pogromen seit Kain, Amalek, den Kreuzzügen etc. Er lenkt die Frage weiter an Ihn, den Gott Israels, und appelliert an die Intelligenz der Fragenden, bei denen er einen gewissen Umgang mit dem →Wort Gottes voraussetzt, mit der Heiligen Schrift.
Feinfühlig nennt er aber deren Schrift Bibel, wohl wissend zu unterscheiden zwischen dem, was in den Augen des Gottes Israels heilig ist und dem, was seinen Fragestellern traditionell zu glauben und als heilig anzusehen abverlangt wird. Den Unterschied hat er schließlich zu sehen bekommen im Schicksal Israels.
Dabei vermeidet der Reiseleiter auch die kleinsten Nuancen, die zu einer Diskussion führen könnten. Er weiß: Die Bibel seiner Gäste schließt die Heilige Schrift mit ein, ist aber nicht die Heilige Schrift allein. Er kann bei seinen Gästen aber die richtigen Register ziehen.
Noch nie habe ich eine so gute und so auf Harmonie ausgerichtete Antwort zu dieser Frage erlebt wie in diesem Artikel Vergebung – Vergeltung.
Eigentlich dürfte ich keineswegs das Wort ergreifen und dazu einen Kommentar geben, denn ich könnte doch die Antwort von Israel Yaoz niemals übertreffen. Das will ich auch nicht.
Trotzdem hat es leider diese Fragen in jedem Zeitalter wieder gegeben, und sie wurden nicht weniger schmerzlich. Das Volk Israel war sich gewöhnt, der leidende Knecht Gottes zu sein, aber wo war die Ursache des Leidens? Kann man ihr beikommen?
Ich bitte darum, in Anlehnung an die Antwort von Israel Yaoz zu dieser Frage einen Schritt weiter nachgehen zu dürfen. Man möge mir auch verzeihen, wenn ich dabei auch auf einen Weg hinter die Kulissen des Welt-Theaters führe, der mein Leben geprägt hat.
Vorhin ließ ich durchblicken, dass es in verschiedenen Kreisen der Gesellschaft ganz verschiedene Begriffe von →Heilig geben kann. Das wird bereits augenfällig bei Kain uns Abel.
Israel Yaoz hat zunächst mit seinem Zitat aus dem zweiten Buch der Chronik aufgezeigt, wie der König Amazja in der Frage gehandelt hat, die heute der Israelische Reiseleiter von seinen Gästen gestellt bekommt. Damit gibt er den gewiss schönsten Beweggrund des Volkes Israel in seinem Handeln zu erkennen, den Gehorsam zu Gottes Heiligem Gesetz. Er fährt auch fort mit dem vollen Zitat des Gesetzes, nach dem der König Israels handelte, und fügt nach der heutigen Einteilung der Heiligen Schrift den Vers an: 5. Mose 24,16. „Die Väter sollen nicht um der Söhne willen sterben und die Söhne nicht um der Väter willen, sondern jeder soll um seiner eigenen Sünde willen sterben.“ Anschließend erscheint das Zitat aus Hesekiel 18,4. Ich zitiere verkürzt: „ … Die Seele, die sündigt, soll sterben.“
Mit diesem Teil seiner Antwort hat Israel Yaoz zuerst einmal den Begriff „Täter-Volk“ relativiert. Er unterscheidet zwischen den Tätern des Verbrechens und denjenigen der Kinder dieser Täter, die sich von der Tat ihrer Väter distanziert haben, die in ihrem Leben den Weg der Gerechtigkeit eingeschlagen haben. Israel öffnet den Blick dafür, dass der Lohn der Gerechtigkeit das Leben ist, und damit antwortet er bereits richtungweisend. Indem er seinen Gästen das Leben wünscht, tröstet es sie sogar über ihrer Frage. Er warnt sie aber auch mit seiner Antwort vor der Sünde, als der eigentlichen Ursache aller Todesursachen.
Damit wird eine weitere Frage nicht direkt angesprochen aber sichtbar: Sind nicht immer wieder im Schicksal Israels durch alle Zeitalter hindurch die Gerechten die Opfer gewesen, vom gerechten Abel an?
Da haben die Täter, von denen Israel Yaoz seine Gäste gern distanziert sehen möchte, die Begründung ihrer Logik. Sie fühlen sich dem Leben näher in der Rolle der Gewalttäter. Dass der Lohn für die Taten in diesem Leben aber erst im zukünftigen Gericht sichtbar wird, wollen sie in der Sucht, die ihre Taten diktiert, nicht wissen. Dass ihrer Routine mit ungezählten Morden auch plötzlich ein gezielter Schuss ein Ende setzen kann, scheinen sie nicht einmal zu ahnen.
Zudem haben sie aber oft noch einen religiösen Freibrief! Die meisten von ihnen sind doch irgend wann einmal getauft worden. Damit sind sie jedoch absolut nicht unterrichtet, dass jeder für seine eigene Sünde sterben soll, sondern stattdessen, dass einer für die Sünde der ganzen Welt gestorben ist. Man muss das nur glauben. Sonst wäre man ja nur dumm, vor der eigenen Sünde Angst haben zu müssen. Dann wäre es ja einfach zu dumm, auf Anschauungen der Juden Rücksicht zu nehmen, die bestimmte Dinge seit Jahrtausenden verweigert haben zu glauben und sich auch noch nach einem Gesetz richten, das man durch den Glauben an eine bestimmte Gnade überflüssig machen kann.
Vorhin wiesen wir auf unterschiedliche Begriffe der Heiligkeit hin. Jetzt wird zunehmend sichtbar, dass die Begriffe, die einem Menschen begegnen können, in verschiedenen Gesellschaften, Vereinen, Religionen, Weltanschauungen Staatssystemen etc. ganz verschiedene Bedeutung haben können. In der Religion mit dem Welterlöser wird vieles mit dem Begriff der Liebe begründet. Liegt jetzt bereits der Rückschluss nahe, dass es ganz entgegenstehende Begriffe von Liebe geben kann?
Israel Yaoz hat mit dem Gesetz Gottes auch auf die Zehn Gebote hingewiesen und daraus zitiert. Mit denen offenbart sich der Gott Israels seinem Volke →auf dem Berg Sinai (im heutigen Saudi-Arabien und nicht bei einem „Katherina-Kloster“) als ihr Erlöser und im vierten Gebot als der Schöpfer des ganzen Universums. In der Religion mit dem Welterlöser der Jungfrauengeburt wird das Gesetz Gottes zum Feindbild gemacht und im Prinzip sogar verboten. Die Zehn Gebote, wie sie im 2. Buch Moses Kapitel 20 zu lesen sind, werden in dieser Religion dadurch umgangen, dass ganz andere Zehn Gebote aus einem Katechismus unterrichtet werden, die weiter nichts bedeuten als eine theologische Betrugs-Kriminalität, was jeder Jude durchschaut. Das ist auch ein Grund, warum immer wieder die Juden ermordet wurden.
Im Ersten Gebot offenbart sich also der Gott Israels als ihr Erlöser. Das geschieht nicht ohne Zusammenhang. 50 Tage vorher wurden sie aus der Sklaverei in Ägypten befreit und am 7. Tag beim Durchzug durch das Rote Meer vor ihren ertrinkenden Verfolgern gerettet. Dann begann für dass Volk Israel die Zeit der unmittelbaren Fürsorge und Erhaltung durch ihren Erlöser, in dem sie nun ihren König, Lehrer, Erzieher, Arzt, Richter fanden. Das gleiche Erste Gebot warnt jedoch das Volk Israel, wenn sie In ihrem Erlöser einmal ihren Gott erkannt haben, nicht nebenbei auch noch andere Götter haben zu dürfen. Für Israel ist es z.B. ausgeschlossen, dass ihr Erlöser durch eine Beziehung mit einer Jungfrau ein Mensch wird und umgekehrt dadurch ein Mensch zu Gott. Die Erlösten aus der Sklaverei Ägyptens würden so etwas Unglaubliches auch niemals glauben wollen.
Im Zweiten Gebot offenbart der Erlöser Israels selbst den Erlösten das Geheimnis der Erlösung. Das setzt voraus, dass jedem Wahn, der die Erlösung verhindern würde, zuerst einmal ein Riegel vorgeschoben wird. In Ägypten sahen sie von Menschenhand gemachte Götzen, und für das Land, in das ihr Erlöser ihnen zugesagt hat sie zu bringen, wurden sie gewarnt, von Menschenhand gemachte Götzen konsequent zu beseitigen. Das Zweite Gebot ist also das vollständige Verbot Götzen bzw. Götzenbilder zu machen, (auch z.B. als Kunstwerk) herzustellen, oder bestehenden Götzenbildern in irgend einer Form zu dienen, z. B. durch Verehrung, Anbetung, Hingabe und Opferung. In dem Sinne ist jeder von Menschenhand geschaffene oder ebenso spirituell erdachte Gott, auch ein als Gott verehrter Mensch, wie z.B. generell der römische Kaiser, ein Gräuel als Ersatz, eine →Ersatztheologie, für den Erlöser Israels, der sich dann im Vierten Gebot als der Schöpfer des Universums offenbart und zwischen sich und Israel ein ewiges Zeichen gesetzt hat mit der Heiligung des Schabbat, dem Eckstein der Erlösung zur Erneuerung des ganzen Lebens.
Der Sinn der Erschaffung des Menschen ist dessen Aufgabe, selbst das lebendige und sichtbare Ebenbild des Schöpfers zu sein. Aller Götzendienst macht den Menschen sinnlos und ist eine todeswürdige Perversion.
Das Dritte Gebot stellt den Missbrauch des Heiligen Namens des Gottes und Erlösers Israels unter unabänderliche Strafe. Im Zweiten Gebot ist auch von Strafe die Rede für Götzendienst jeder Form, von der Anfertigung bis zur Verehrung und Abhängigkeit. Hier hat Israel Yaoz Richtung weisende Aspekte eröffnet. Er hat das 2. Gebot aber im Blick auf den von ihm angestrebten Zielpunkt zitiert, sich von der Sünde, z.B. der Sünde der Väter, zu distanzieren. Seine Antwort galt ja auch der Frage von Gästen aus dem „Täter-Volk“. Da ist die Rede vom dritten und vierten Glied. Heute sagt man dazu Generation.
Wo kann aber das Geheimnis der Erlösung schöner erkannt werden als in dem Teil des Zweiten Gebotes, in dem die Liebe des Erlösers und der Erlösten als der Gehorsam und die Treue zu Gottes Heiligem und Ewigen Gesetz und als dessen Erfüllung sichtbar wird als die Gnade Gottes am tausendsten Gliede (Generation) denen, die Gott lieben und Seine Gebote halten – nicht mehr zu zählen!
Der Weg zum Baum des Lebens wird wieder frei!
Schalom Dir, lieber Israel Yaoz!